Etwa mit dem dritten Lebensjahr erwacht das Ich-Bewusstsein. Das Kind erkennt, dass es ein Individuum ist, getrennt von den anderen Menschen. Diese zugleich schockierende und faszinierende Erkenntnis bringt Schmerz und Glück mit sich:
Ich bin getrennt von den anderen, aber zugleich kann ich selbst und allein auf mich gestellt etwas tun!
Das Selbstbewusstsein erwacht und mit ihm der Beginn der Selbstermächtigung: Ich bin selbstständig! Ich kann wählen, was ich will, und es dann auch ausführen! Ich bin meiner selbst mächtig!
Eine beeindruckende Erkenntnis!
Das Ego-Ich des Kindes entwickelt sich in den folgenden Jahren. Dies ist ein sehr bedeutsames Geschehen, denn ohne Ego-Ich könnte der Mensch später nicht zu wahrem Selbstbewusstsein und bewusster Selbstliebe gelangen. Das Ego-Ich ist also sehr wichtig für unsere Entwicklung. Ohne es könnten wir keine selbständigen Individuen werden.
Doch zurück zum Kind, bzw. Jugendlichen. Wenn die Gefühle sich allmählich bewusst entwickeln, erfährt das Kind oder der Jugendliche auch, dass es als Individuum die verschiedensten Gefühle fühlen und ausdrücken kann. Es fühlt tiefe Liebe und Zuneigung, aber auch abgrundtiefe Abneigung. Es erkennt, dass es eine Seele hat, die tiefer Gefühle fähig ist und die individuell mit Gefühlen auf Situationen reagiert. Und mit dieser Seele liebt es auch sein Ich: Das ist der Beginn der Selbstliebe.
Die Resonanz durch andere Menschen auf das sich entwickelnde Selbstbewusstsein ist in diesem Prozess sehr wichtig. Im Spiegel anderer Menschen, die zu verstehen geben, "ich sehe dich und du bist gut so, wie du bist", wächst das Selbstbewusstsein organisch mit der reifenden Persönlichkeit.
Was aber, wenn dieser Prozess nicht gut abläuft und das Kind nicht die Resonanz erhielt, die es gebraucht hätte?
Wenn das Kind zum Erwachsenen wird, der immer noch daran leidet, dass er als Kind diese Resonanz nicht erhielt?
Zum Glück ist der Mensch sehr lernfähig. Durch Arbeit mit dem Inneren Kind lassen sich die Entwicklungs- und Reifungsschritte nachholen. Das bedeutet, zunächst einmal das Innere Kind in sich kennenzulernen, sich ihm zuzuwenden, ihm zuzuhören und es ernst zu nehmen. In weiteren Schritten kann der Erwachsene seinem Inneren Kind das geben, was es braucht, nämlich die Resonanz, die bedingungslose Akzeptanz, die Zuwendung und die Verlässlichkeit. So baut sich Vertrauen auf und das Innere Kind kann die Schritte nachholen, die es damals nicht tun konnte.
Diese Arbeit kann ein Weg sein, auf dem es einen langen Atem braucht. Mit einmal Zuwendung ist es nicht getan. Wie im sonstigen Leben auch entstehen echtes Vertrauen und Geborgenheit erst allmählich.
Wer sich unsicher ist, ob er diesen Weg allein gehen kann, sollte sich Unterstützung durch einen guten Therapeuten / eine gute Therapeutin holen. Denn es ist der lohnendste Weg, den wir überhaupt gehen können, um zu wahrer Selbstliebe zu finden.
In der Psychoenergie-Therapie® arbeiten wir so, dass wir immer wieder vom Herz aus fragen, was das Innere Kind jetzt braucht. Und dann wenden wir uns wieder dem Herz zu und fragen, ob es möglich ist, dies dem Inneren Kind zu geben. So ist die Authentizität immer gewahrt, denn manchmal sind Schritte noch nicht reif und wir würden wichtige Feinheiten übergehen, wenn wir nicht bewusst das Herz einbeziehen.
Das Innere Kind kann sich sicher fühlen und beginnt, sein wahres Selbstbewusstsein zu entfalten.
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